Wann ist der beste Zeitpunkt, dem Baby feste Nahrung anzubieten? Was gebe ich ihm? Und wieviel? Und wie? Und … ?
Kennst Du diese Fragen auch?
Ich erinnere mich noch sehr gut an den Punkt, an dem sie alle über mich kamen.
Meine erste Tochter war gerade vier Monate jung und wachte nachts plötzlich sechs Mal auf und wollte gestillt werden. Da dachte ich als junge Mama, dass sie nicht mehr satt wird. So gab ich ihr abends von da an selbst gemachten Möhrenbrei. Ich fütterte sie mit einem Löffel. Es dauerte einige Tage, bis sie überhaupt etwas davon richtig aß. Letztlich änderte sich dadurch aber nichts daran, dass sie nachts so oft wach wurde und stillen wollte.
Erst jetzt im Nachhinein weiß ich, dass sie damals noch gar nicht bereit zum Essen war. Das häufige Wach-werden und Trinken-wollen hatte eher damit zu tun, dass sie am Tag erlebte Sachen nun viel intensiver verarbeitete. Dabei half ihr der sichere, geborgene Ort an der Brust, den sie folglich noch häufiger einforderte.
Beikost
Etwas verfrüht startete ich nun, unserer Kleinen Beikost zu füttern. Dabei schwirrten mir einige Mythen im Kopf herum: „Beikost = gekochter Brei.“ oder „Man ersetzt mit dem Brei-Füttern nach und nach eine Stillmahlzeit.“
Meine Tochter mit einem Löffel nach einem bestimmten Schema zu füttern fühlte sich für mich relativ bald unnatürlich an. Und auch, dass ich dadurch Stillmahlzeiten ersetzen sollte, konnte ich mir absolut nicht vorstellen.
Durch meine Freundin bin ich erst aufmerksam geworden, was Beikost noch bedeuten kann. Sie gab ihrem Sohn anfänglich nur rohe Dinge zu essen: Avocado, Banane, Papaya usw.
Nach und nach hat mich das dann auf die Themen „Fingerfood“ und „Baby-led Weaning“ gebracht, welche Antworten auf all meine anfänglichen Fragen bereit hielten.
Baby-led Weaning
Baby-led Weaning („vom Baby geführtes Abstillen“) bedeutet, dass das Baby selbst bestimmt, was und wieviel es isst. Um das Abstillen geht es dabei erstmal gar nicht. Ganz im Gegenteil: es soll auf jeden Fall weitergstillt werden. So lange, wie es für Mama und Kind angenehm ist.
Das Baby wird nicht gefüttert, es bedient sich selbst und darf geeignete Lebensmittel vom Familientisch mitessen. Es muss kein extra Babyessen gekauft oder gekocht werden.
Somit entscheidet das Baby selbst, was und wieviel es von den angebotenen Lebensmitteln essen möchte. Es is(s)t aktiv und selbstbestimmt (mit). Es kann einzelne Nahrungsmittel in ihrer ursprünglichen Form und ihrem Geschmack erleben. Das Sättigungsgefühl wird respektiert.
Das fördert Selbstbewusstsein, Zufriedenheit und ein gesundes Essverhalten. Und als Familie kann man dadurch gemeinsam und entspannt zusammen an einem Tisch essen.
Wann kann es losgehen?
Das Stillen bleibt im gesamten ersten Lebensjahr die Hauptnahrungsquelle des Babys. Die Muttermilch ist dabei der beste Schutz bei der Einführung neuer Lebensmittel vor Unverträglichkeiten und Allergien.
Für den Beikostbeginn gibt es verschiedene Reifezeichen, die zeigen, sobald das Baby bereit ist. Diese können sich von Kind zu Kind individuell früher oder später zeigen.
Reifezeichen – Beikostbeginn:
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- das Baby kann (mit etwas Unterstützung im Rücken) aufrecht sitzen
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- es zeigt Interesse am Essen von Anderen und greift danach
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- der angeborenen Zungenstreckreflex (die Zunge schiebt dabei feste Nahrung aus dem Mund) ist verschwunden
- das Baby kann sich die Nahrung selbst in den Mund stecken
- es zeigt deutlich, wann es satt ist
Wie funktioniert Baby-led Weaning?
Die ganze Familie isst zusammen an einem Tisch. Dein Baby wählt dabei selbst aus, ob, was und wieviel es essen möchte.
Anfangs geht es für Dein Baby vor allem um das spielerische Erkunden des Essens. Da die Muttermilch ja nach wie vor die Hauptnahrung des Babys bleibt, ist das Essen im ersten Lebensjahr mehr durch Neugierde als durch Hunger motiviert.
Eine ausgewogene Auswahl an natürlichen, gesunden Lebensmitteln in Form von Fingerfood sind dabei für Dein Baby besonders passend.
Geeigent sind:
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- Kartoffeln
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- Obst und Gemüse
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- Vollkornprodukte
- Fisch und Fleisch
- qualitativ hochwertige Öle
Salz sollte äußerst sparsam verwendet werden.
Nicht geeigenet sind:
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- Zucker
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- Fertiggerichte
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- Speisen mit Zusatzstoffen (z.B. Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe, künstliche Aromen)
- Honig, Nüsse und Kleieprodukte (nicht im ersten Lebensjahr)
Mit Beginn der Beikost kannst Du Deinem Baby dann auch einfach ein Glas Wasser dazu anbieten.
Breifrei?
Baby-led Weaning muss nicht automatisch breifreies Essen bedeuten. Dein Baby kann auch einen Brei mit seinen Fingern oder einem Löffel selbst essen.
Die optimale Ernährungsweise Deines Babys kannst Du mit ihm zusammen herausfinden. Bedeutet das, dass Du es ab und zu auch mit Brei fütterst und ihr Spaß daran habt, ist das völlig in Ordnung. Isst das Baby ausschließlich selbst, ist das völlig in Ordnung.
Ihr findet Euren ganz eigenen liebevollen Weg.
Meine Babys und das Essen
Auf einmal war es ganz einfach. Meine Tochter bekam immer dann etwas Essbares angeboten, wenn wir auch aßen. So konnte alles natürlich und intuitiv geschehen. Sie konnte in ihrem eigenen Tempo Nahrungsmittel kennenlernen, kosten und schließlich genüsslich essen. Für uns war es eine Erleichterung.
Bei zu fester oder zu kleiner Nahrung haben wir (wie Vogeleltern) oft auch geholfen. Dabei haben wir das Lebensmittel (z.B. roher Kohlrabi, Sprossen oder Erbsen) einfach vorher schon etwas in unserem Mund zerkleinert und es ihr mit einem Löffel gegeben. Für uns war das die perfekte Kombination aus selbstbestimmten und unterstütztem Essen.
Bei unserer zweiten Tochter haben wir uns mit dem Beginn der Beikost viel mehr Zeit gelassen. Sie hatte immer Gelegenheit unser Essen zu kosten. Richtig angefangen zu essen hat sie dann aber erst im 7. Monat.
Wir aßen eigentlich immer alle zusammen auf dem Boden an einem niedrigen Tisch. Dazu breiten wir viele Handtücher aus und zogen die Jüngste komplett aus.
Mit Freude matschte die Kleinste dann mit ihren Händchen im Essen herum, steckt sich alles in den Mund, verrieb es auf dem Tisch, schüttelte es von ihren Händen, aß, nahm sich etwas von dem Teller ihrer Schwester, bekam einen Löffel von mir angeboten, wurde von ihrer Schwester gefüttert, aß wieder allein und so weiter. Ein bunter Mix aus Allem.
Das Wichtigste war: Wir waren alle glücklich dabei und hatten Freude am Essen.
Und ja, es konnte dabei manchmal auch etwas chaotisch sein und Essensreste landeten dort, wo ich sie lieber nicht gehabt hätte. Aber das nahm ich gern in Kauf.
Hast Du Lust etwas zum Thema “Breifrei” zu lesen? Dieses Buch kann ich Dir empfehlen:
Loretta Stern, Eva Nagy: “Einmal Breifrei, bitte! – Die etwas andere Beikost.”